Montag, 10. November 2014

die Lesselallee war einmal


die Idylle trügt, die 100 Jahre alten Kastanien fehlen
Eigentlich wollte ich ja einen Blog über Foto-Spaziergänge in Mainz schreiben. Gleich beim ersten Mal fremd gehen, noch dazu nach Fiesbaden, das passt nicht so ganz. Für mich gehört AKK eben immer noch zu Mainz, auch wenn das einige Leute anders sehen. 
Meine Freundin wollte am Dienstag Morgen wie immer ihren Nordic Walking Rundgang über die Maaraue machen, da wurde sie von 3 freundlichen jungen Polizisten an der Brücke bei der Wasserschutzpolizei  daran gehindert. Aha, der strategisch leicht zu verteidigende Zugang zur Lesselallee von der Reduit aus gesperrt, das konnte nur bedeuten, dass man Fakten schaffen wollte. Ein Anruf im Ordnungsamt Wiesbaden ergab, dass niemand etwas wusste und die treibende Kraft Dr.Franz nicht erreichbar sei. In der Zeitungsredaktion war auch gerade keiner. Also fuhr ich gegen Mittag von Kostheim aus zur Brücke am ehemaligen Klärwerk, die auch von einem Dutzend Polizisten bewacht wurde. Zu dieser Zeit waren fast alle Kastanien schon gefällt.
Argument der Befürworter war ja offiziell  die Sicherheit der Bürger, weil die Kastanien durch den Wurzelpilz Phytophthora sowie den Befall mit der Miniermotte stark in Mitleidenschaft gezogen wären und jederzeit Äste herunterbrechen könnten. Bestätigt wurde das alles durch den Gutachter Dr.Dengler. Seit März 2014 wurden die Bürger daher mit einem plötzlich aufgestellten Bauzaun am Betreten der Lesselallee gehindert. Merkwürdigerweise kam in den Stürmen und Unwettern dieses Jahr nicht ein Ast der Kastanien herunter, während die Äste der an der Eleonorenstrasse stehenden Pappeln jede Menge Autos beschädigten und den Verkehr behinderten. Gegengutachter der Initiative zum Erhalt der Lesselallee, deren Bäume immerhin schon 100 Jahre alt waren, kamen denn auch zu ganz andern Ergebnissen als Dr.Dengler. Im Sommer gab es dann unter dem Motto "Architektursommer" Vorschläge von 8 großen Architektenteams zur Gestaltung der Maaraue mit dem Zweck, "vernachlässigte Stadtränder von der Gegenwart in die Zukunft zu befördern".  Offiziell gibt es natürlich keinen Zusammenhang, aber jeder Mensch weiß, dass die Geschäftemacher schon in den Startlöchern stehen, wenn es darum geht, von der Maaraue zu profitieren.
Der Wiesbadener Behörde dauerte das Abwarten nun zu lange. Am Montag hatte  die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald ihre Klage zurückgezogen, am Dienstag Morgen wurden um 5:30 Uhr die ersten Kastanien gefällt. Wie schon am Rathenauplatz wird der Bürger einfach übergangen. Und tatsächlich dürfte das politisch kaum Auswirkungen haben, denn Mitglieder fast aller Parteien waren bei den Befürwortern, der Wähler hat also gar keine Alternative. Ob die Kastanien nun tatsächlich so krank waren oder nicht, ich kann es nicht beurteilen. Aber der Umgang mit dem einzelnen Bürger ist wirklich empörend und echt fies. Fiesbaden eben .... nein danke. 

strategisch günstige Absperrung an der Brücke

braut sich da was zusammen oder wieder ein "Gottesgeschenk" ?

Sperre am ehemaligen Klärwerk in Kostheim

Fakten schaffen statt Kompromisse finden

ehemalige Idylle unter den hundertjährigen Kastanien

das Schild weist noch auf den besonderen Schutz der Bäume hin

Trauer der Fällungsgegner

das große Aufräumen beginnt

Betroffenheit

der Bürger ist ausgesperrt

was übrig bleibt ....

neuer Namensvorschlag für die Zukunft

was wohl in den Köpfen der Fällungsbefürworter vorgeht?

kalte Betonblöcke am Rathenauplatz in Kastel

Beton und ein paar Schilder ... unsere Zukunft ?

Pappelallee in der Eleonorenstrasse ... nächster Kahlschlag ?

die Wiesbadener Behörde in der Frankfurter Rundschau

Nachtrag vom 14.11.2014:
Inzwischen sind bis auf die Baumstümpfe alle Überreste der ehemaligen Kastanienallee weggeschafft worden. Ein von Gutachter Professor Ulrich Weihs, vereidigter Sachverständiger für die Verkehrssicherheit von Bäumen, nach dem Fällen angefertigtes Gutachten stellt fest, dass von den 70 gefällten Kastanienbäumen 53 kerngesund waren; 6 seien leicht, 4 mittel befallen gewesen, und nur 8 Kastanien hätten auf Grund des Pilzbefalls gefällt werden müssen, darunter die von der Stadt Wiesbaden nachgepflanzten rot blühenden Bäume (Allgem.Zeitung Mainz von heute). Natürlich wussten das alle auch schon vorher,  auch wenn man das heute sicher abstreiten wird. Ich bin schon gespannt, was Stadtrat Franz in der Zukunft für Pläne aus seiner Schublade zaubert. Dass er eine andere Sicht auf die Dinge hat, bewies er ja schon mit seiner Bemerkung über das "Gottesgeschenk", das uns Bürgern mit dem Rathenauplatz gemacht worden sei. Der Hauptsponsor dafür war die Fraport, und diesem Unternehmen angesichts des Lärmteppichs um Mainz herum einen göttlichen Status zu verleihen, ist schon reichlich sonderbar.  
Nachtrag vom 25.11.2014:
Der Streit zwischen Fällungsgegnern und Befürwortern ist zwar weiterhin Thema in den Medien, aber er ebbt zunehmend ab, weil das Interesse nachlässt. Was will man auch noch dazu sagen. Innerhalb weniger Tage wurden inzwischen mit schwerem Gerät die meisten Baumstümpfe ausgegraben oder  einfach mit einer überdimensionalen geweglichen Kreissäge bzw. -raspel zu Kleinholz gemacht. Geld scheint keine Rolle zu spielen, da wird nicht gekleckert, sondern geklotzt.
"verbrannte Erde"

es wird geklotzt

ausgegrabene Baumwurzeln

die Unternehmer freuen sich

dieser Baumstumpf wird nicht ausgegraben ...

sondern direkt zu Spänen verarbeitet

hier war mal das Klärbecker mit den Kunstveranstaltungen der AKK-Kulturtage

für die Wasserschutzpolizei auf der Maaraue ist kein Geld da

Bild